Sansibar – Tag 18 – 12. Januar 2015
Ich wache auf, weil ich aufs Klo muss und durstig und leicht verkatert bin. Möchte eigentlich nur schnell Pipi und dann wieder unters Netz, aber als ich die Küche komme ist Siti hinter Barbaras Basttaschen am Maus jagen. Wie eine Irre fingert sie unter und neben den Taschen herum. Ich hebe die Taschen hoch, um zu sehen, ob da ein Käfer oder sonst was drin ist, kann aber nichts sehen. Die Katze gibt aber nicht auf und greift immer wieder wie wild die Taschen an und wirft sie um, bis ich ein leises piepsen höre und beim erneuten hochheben eine kleine Maus entdecke, die verschüchtert in der Ecke sitzt. Siti greift nochmal nach ihr, packt sie aber nicht richtig und so rette ich das arme kleine Knäuel, das sich am Besen festhält, den ihr «reiche» und befördere sie nach draussen. Nach dieser Aktion bin ich dann aber schon so wach, dass ich nicht mehr ins Bett gehe, sondern in den Undies in die Küche sitze und ein bisschen schreibe und die frische Morgenluft geniesse, die um mich bläst.
Zum Frühstück werde ich dann wieder mit frischen Omletten verwöhnt. King wollte Brot holen, aber die Bäckerei hat heute geschlossen. Sansibar feiert heute seinen Unabhängigkeitstag und deshalb sind nicht alle Geschäfte geöffnet. Draussen wird es schnell wieder heiss. Es ist wolkenlos und hier steht ein gemütlicher Homeday an. Barbara streicht den gestern geschrubbten Tisch und die Bänke mit Versiegler, ich widme mich wie immer meinem Blog, überlese den letzten Tag nochmal und suche ein paar Bilder zusammen, die ich an den vergangenen Tagen auf dem iPad nicht hochladen konnte und hole den gestrigen Tag auch gleich noch nach. Zwischendurch steht noch schweisstreibendes Kaffeemahlen an. Klingt seltsam, ist aber so, dass man hier auf der Insel sogar beim Kaffeemahlen ins Schwitzen kommt. Die Frauen haben eine Mini-Nähmaschine hervorgezaubert und Barbara näht damit geduldig die neuen Vorhänge von Malou. Sie hat sich in Tanga auf dem Markt neuen Stoff gekauft, der auf dem Festland ein vielfaches billiger ist, als hier auf der Insel. Ihre alten Vorhänge sind zum Teil kaputt und sie wollte sie auffrischen. Irgendwie flutscht der Tag heute einfach so durch. Ich sitze mal drinnen, mal draussen und geniesse die Ruhe und die entspannte Athmosphäre im Haus und dem wunderschönen Garten.
Um fünf mache ich mich mit Barbara, Malou und King auf ihre letzte Kinder-Besuchsrunde auf. Sie haben auf ihrer langen Liste immer noch einge Kinder nicht besucht, denen sie die Schulhefte bringen möchten. Von den vor allem jüngeren Kindern möchten sie auch aktuelle Fotos für die Website schiessen, weil einige von ihnen in den letzten Jahren gewachsen sind und sich auch verändert haben. King steuert uns zielsicher von einem Haus zum nächsten. Am Anfang der Tour kommen wir noch beim Schreiner vorbei, bei dem die Mädels die Schulbänke bestellt haben. Die Werkstatt ist klein und einfach. Handarbeit von A-Z. Der Chef sägt mit dem Fuchsschwanz die Bretter zurückt, ein Helfer sitzt am Boden im Staub und Holzspänen und schlägt mit dem Stechbeitel Nuten in Tischbeine. Ein kurzer Schwatz, ein freundliches Hallo und Adjeu und nur ein paar Hausecken weiter stehen wir vor dem ersten Haus eines Maisha-Kindes. King klopft an die Türen, der kleinen, einfachen Hüttchen, ruft irgendwas hinein. Schnell sind immer ein paar Kinder um uns geschart. Bei den einen treten die Frauen mit ihren Kindern auf die Strasse, bei anderen dürfen wir eintreten. Es ist für uns kaum vorstellbar, wie die Einheimischen hier wohnen. Dunkle kleine Räume. Möbel sieht man eigentlich nicht. Oft hat es einen kleinen Innenhof. Die Böden sind meist nicht mal zementiert. Korallensteinhubbels scheinen hier nicht zu stören. Viele Kinder tragen ziemlich zerschlissene Kleider. Ich mag hier nicht fotografieren, obwohl ich es sehr gerne täte, komme mir als Weisser, der in diese Welt eintreten darf einfach nicht gut vor bei dem Gedanken und möchte auch nicht fragen, auch wenn ich sicher bin, dass wenn ich fragen würde, vielleicht sogar die Einwilligung kriegen würde. So bleiben diese Bilder in dem Fall nur in meinem Kopf gespeichert. Es ist auch spannend zu sehen, wie verschieden die Schwarzen reagieren. Manche schauen mich kaum an, andere lächeln freudlich. Ich hoffe, dass ich mit einem Lächeln im Gesicht ihnen nicht als schaulustiger Eindringling vorkomme, sondern einfach als weisser Gast ihre Gastfreundschaft dankend annehmen darf. So spazieren wir fast eineinhalb Stunden durch die staubigen Gässchen von Nungwi und ich laufe mal wieder staunend den Mädels und King hinterher.
Ein wundervoll orange leuchtendender Sonnenball verschwindet gerade hinter den Häusern, als wir wieder zuhause sind. Wir müssen uns etwas beeilen, weil wir bei Sele im Langi Langi einen Tisch reserviert haben und natürlich noch schnell unter die Dusche möchten, weil wir alle vom Spaziergang durch Nungwi und dem heissen Tag verschwitzt sind. Den Weg ins Langi Langi kenn ich inzwischen auch… gut, sind auch nur ein paar Hausecken. Wir haben einen Tisch auf der Terasse reserviert. Die Flut ist grade ziemlich hoch und manchmal spritzt die Gischt sogar durch den Lattenboden der Terrasse an unsere Beine. Seit Tagen haben mir Barbara und Malou von der guten Küche im Langi Langi vorgeschwärmt und ich bin gespannt was mich erwartet. Der Nachtteil hier sei einzig, dass man immer lange auf das Essen warten müsse. Heute ist aber alles anders. Wir warten keine Viertelstunde bis das Essen serviert wird. Wir sind alle sehr hungrig, gabs heute doch keinen Snack oder Mittagessen. Ich bin froh um den frischen Mango-Bananen Fruchtsaft den ich vorweg bestelle. Diese Dinger, wenn frisch gemacht, sind eine Wucht. Erfrischend und wahre Geschmacksbomben, die nach süssen und reifen Früchten schmecken. Zum Essen bestell ich mir ein Prawns-Curry mit Reis, dazu noch einen Sansibar Salat. Ein Mix aus Zwiebeln, viel Zwiebeln ;-) Tomaten und Peperoni. Herrlich, wie frisch das hier schmeckt. Die Zwiebeln sind nicht scharf sondern wunderbar fein, der Schuss Limonensaft, anstelle von Essig ist herrlich erfrischend. Das Curry ist wunderbar mild und sehr gut. Ich probiere von Barbaras Shrimps Masala: es ist auch lecker, hat eine schöne Schärfe, schmeckt mir aber nicht ganz so gut, wie mein Curry. Malou hat ein Sansibar Beef bestellt. Es ist ähnlich, wie das Geschnetzelte, dass wir gestern zum probieren bekommen haben und ist auch sehr gut. Ob ich bei dieser Küche, die mich hier wirklich entzückt es schaffe, ein oder zwei Kilöchen abzunehmen, wage ich langsam zu bezweifeln. Aber irgenwie ist mir das im Moment auch ziemlich schnuppe. Man muss manchmal eben die Prioritäten woanders setzen ;-) Als wir das Restaurant verlassen möchten, steht die halbe Crew inklusive Sele am Ausgang Spalier. Wir kommen mit dem Rastamann ins Gespräch. Ein wahrer Lebenskünstler, der gerne redet und eine tolle Ausstrahlung hat. Immer ein Lächeln im Gesicht, einer jener Menschen, von denen man den Eindruck, dass sie nichts aus der Ruhe bringt, obwohl er bestimmt ein rechter Krampfer ist, denn mir wird erst bewusst, was für eine grosse Anlage er sich hier aufgebaut hat, als er uns noch etwas herum führt. Er möchte uns noch seinen Garten zeigen, wo er stolz erzählt, dass er seit kurzem hier irgendwelche Rehartige putzige Tierchen hält. Leider bekommen wir sie nicht zu Gesicht, aber mich haut seine fast urwaldähnliche Gartenanlage um die herum seine Appartements gebaut sind fast um. Wunderbar gepflegt und wildromantisch. Müsste ich hier in Nungwi mal in ein Hotel, wär das ab sofort meine erste Wahl. Es ist die erste Anlage, die mich richtig begeistert und wo ich sofort ein Zimmer buchen würde. Es ist spannend, diesem sympatischen Lebenskünstler zuzuhören, der ein so offener Mensch ist. Da würd ich mir gerne ein Stückchen seines Charismas abschneiden, auch wenn ich ihn bis heute Abend nur zweimal kurz zum Hallosagen gesehen habe und ihn nun ein paar Minuten mit den Mädels hab erzählen hören. Er schenkt uns dann noch ein frisch gebackenes Brot, dass die Frauen so gerne haben und als er dann frägt, ob wir gerne Marmelade haben, kann ich seine Frage natürlich nicht verneinen uns so hüpft er schnell wieder zurück ins Restaurant und bringt mir ein frisches Glas selbstgemachte Mango-Konfi. Ich bedanke mich und nehme mir vor, nicht zu vergessen, Barbara mal ein Glas von meiner selbstgemachten Marmelade mitzugeben. Wahrscheinlich ist für ihn Brombeer oder Himbeerconfi genau so exotisch, wie für mich seine Kreation.
Zuhause gibts dann noch den obligaten Kaffee und ich schaffs mal wieder vor dem Schlafen gehen, meine Berichte abzuschliessen.
Gute Nacht Nungwi, gute Nacht Nungwianer