Sansibar – Tag 27 – 21. Januar
Nach meinem müden Relaxer-Tag möchte ich heute noch einen langen Spaziergang machen und die Schildkrötenstation am Nordende der Insel besuchen. Die Frauen haben Abra auf zehn Uhr bestellt. Malou möchte noch ein paar Blumen kaufen, um den freigeräumten Platz vor ihrem Schlafzimmerfenster mit was stachligem zu bepflanzen. Auf dem Nachbargrundstück wird heftig aufgeräumt und Malou möchte nicht wieder Leute haben, die ihre Nase am ihrem Schlafzimmerfenster plattdrücken. Dann möchten sie sich noch in Kigunda zeigen. Dort haben sie schon WC-Anlagen gebaut und sich kurz mit dem Dorf-Obersten verabredet. So düsen sie pünktlich los und ich bleibe hier, putze noch kurz das Frühstück weg und mach mich dann auf den Weg zur Schildkrötenstation. Als ich am Strand dann die grosse Ebbe sehe, kann ich nicht anders und wate ins Riff hinaus. Man hat den Eindruck, dass ganz Nungwi auf dem Riff ist. Hunderte Menschen tummeln sich hier und sind auf der Jagd nach Tintenfischen und sonstigem Getier. Ich tappse etwas mühsam mit den Flip Flops durchs Wasser und laufe wieder mit offenen Augen durch dieses Naturwunder aus Farben und Formen. Schnorcheln für Nichtschnorchler ;-) Ich könnte hier stundenlang rumstapfen und gucken, auch wenn man immer wieder den Eindruck hat, dass man nun sämtliche Seesternfarben und Korallenformen gesehen hat, aber in neuer Konstellation ist es gleich nochmal so schön.
Als die Flut dann recht zügig wieder reinkommt, plantsche ich Richtung Strand zurück und lass mich von einem Schwarzen noch in sein Hüttchen locken, da er die schönen Holzschilder in der Hand hat und ich noch eins für mich haben möchte. So geh ich mit ihm mit und handle mit ihm einen Preis für ein Pita-Täfelchen aus, dass er nach meinen Wünschen schnitzt. Zwar jammert er grauenhaft, als ich den Preis drücke, aber diesmal weiss ich schon von Mussa, was so ein Schildchen ungefähr kostet und ignoriere sein wehleidiges «you kill me» Verkaufsgelaber, da er immer noch einen besseren Preis bekommt, als wir für die anderen Täfelchen bezahlt haben. Natürlich lässt er einen kaum mehr aus seinem Shop, weil «nur gucken, gratis ist» und man ja nichts kaufen muss. Trotzdem schafft man es kaum, sich aus den Geschäften wieder zu «befreien», weil die Leute einen immer derart heftig bearbeiten. Ich gebe ihm den halben Betrag, der abgemachten Summe und verabrede mich für Morgen Nachmittag, das Schildchen abzuholen.
Zur Turtle-Station sinds nur noch ein paar Schritte und ich löse für 10’000 Schilling den Eintritt. Die Station ist ein Projekt, dass Ende der 90er Jahre gegründet wurde um die gefährdeten Wasserschildkröten zu retten. In einem natürlichen Korallenpool sind im Moment 27 Schildkröten unter Aufsicht. Gefährdet sind die Tiere vor allem durch den Menschen, die die Tiere immer noch der Panzer und des Fleisches wegen jagen. Die Fischer in Nungwi arbeiten aber inzwischen am Projekt mit und bringen, falls sie Schildkröten im Beifang haben, die Tiere in die Station. Dort werden sie beobachtet und einmal im Jahr, Ende Februar mit einem kleinen Event an der Riffkante ausgesetzt. Das älteste Tier das im Moment in der Station lebt ist 25 Jahre alt. Zudem haben sie viele Jungtiere. Die jüngsten waren grade 12 Tage alt. Zwei Arten kommen hier in Nungwi vor, wobei im Moment nur eine im Aquarium ist. Ein Guide führt mich durch die kleine Anlage und erklärt mir ein paar interessante Dinge über die Tiere und das Projekt. In zwei künstlichen Becken, oberhalb des Teichs leben im Moment zwei Schildkröten, die von den anderen im Pool getrennt sind. Nach Aussage des Guides scheinen sie zu leicht und werden hier extra gefüttert, damit sie wieder zu Kräften kommen. Ganz oben, leben die Jungtiere, die hier aus den Eiern geschlüpft sind. Im Normalfall versuchen die Leute von der Station die natürlich abgelegten Eier zu schützen, damit die Tiere in der Natur schlüpfen können, wenn das nicht geht, nehmen sie die Eier in die Station und päppeln die Tiere hier auf. Natürlich darf ich als Besucher die Tiere auch füttern. Der Guide stellt mir eine riesen Schale mit Seegras, dem Grundnahrungsmittel der Kröten hin, warnt mich aber, dass ich die Stücke etwas «langziehen» soll, damit sie mir nicht aus Versehen in den Finger beissen. Ihr spitzes, schnabelähnliches Maul wirkt ziemlich kräftig und die Schnapplaute, verleiten wirklich dazu, die Finger nicht hinzuhalten. Lustig, wie sie beim zuschnappen das viele Wasser, dass sie mit dem Gras in den Mund schieben, gleich durch die Nasenlöcher über dem Mund wieder herausspritzen. Der Guide bietet mir an, mich dabei zu fotografieren. Ich nehme gerne an und werde in allen Posen abgelichtet.
Nach diesem netten Erlebnis, mach ich mich wieder auf den Weg. Ich möchte eigentlich noch bis zum Kendwa Rock laufen. Das liegt weiter im Süden, also zurück, am Waves, Langi Langi und Nungwi Inn vorbei noch weiter gen Süden. Nach dem Nungwi Inn folgen ein paar recht fette Hotelanlagen, bis beim Royal irgendwas Resort mein Weg ein Ende findet. Hier reichen Korallenfelsen bis ganz an den Strand und nur bei Ebbe kann man hier weiter laufen. Ich schaffs zwar noch ein Stückchen, aber kehre nach fünf Minuten wieder um, weil die Flut stark steigt und das Wasser schon bis an die Felsen klatscht und ich oft schon knietief im Wasser stehe. Vor dem Nungwi Inn muss ich mal schnell ins Wasser, um mich etwas abzukühlen und setz mich dann ein paar Meter weiter auf die schöne Terrasse von Sele im Langi Langi. Um den Durst zu löschen gibts nen leckeren Mixed Juice und weil ich langsam wieder Hunger habe, gibts noch ne Seafood Pasta und n‘ Bia. Inzwischen hab ich mich auf Killi eingeschossen, die anderen Sorten haben mir nicht so geschmeckt. Trotz schattenspendendem Dach und immer wieder leichten Luftzügen schwitz ich mir einen Ast. Lesen geht mal wieder auf meine Augenlider und aktiviert deren Schliessmuskel-Reflex. So lehr ich mein erstaunlich lange, kühlbleibendes Bier und mach mich auf gegen halb fünf auf den Heimweg.
Zuhause sitzt Lydia bei den Mädels. Eine sympathische junge Frau, mit schnuckliger siebenjähriger Mischlingstochter. Lydia hat hier in Nungwi auch ein eigenes Projekt. Sie führt eine eigene Schule für Kindergärtner und Erst- oder Zweitklässer. Nebenher gab sie auch in der Staatsschule hier in Nungwi noch ein paar Stunden, welche sie aber kürzlich aufgegeben hat, weil es ihr zu viel wurde. Kann ich gut verstehen, als Mutti von zwei Kindern, Hausfrau und ihrem eigenen Projekt.
Die Mädels möchten danach nochmal an den Strand und so packe auch ich nochmal das Strandtuch ein und geh mit. Im Waves installieren wir uns, frische Fruchtsäfte geben uns wieder Saft, ein kurzes Schwumm und ne Runde Triomino beschert uns einen gemütlichen Nachmittag am blau leuchtenden Meer. Ein letzter Hoffnungsschimmer keimt in mir auf, als es mir heute endlich mal richtig gut läuft, beim Steine legen und ich Barbara wenigstens ein bisschen, des grossen Vorsprungs nochmal abnehmen kann. Es reicht heute sogar fast für einen richtigen Sonnenuntergang, aber wie aus dem nichts tauchen dann, bevor die Sonne ins Meer plumpst doch wieder Wolken auf, hinter der sich die Sonne versteckt. Das Bild passt trotzdem und wird natürlich im Bild festgehalten. Rose macht dann für den Abend noch Werbung fürs Waves und als sie sagt, dass sie heute frischen Red Snapper bekommen hätten, funkeln drei Augenpaare und die Diskussion ums Abendessen ist damit gegessen.
Zuhause machen wir uns frisch und etwas später als sonst gehts wieder zurück ins Waves. Der Red Snapper wird filetiert und gebraten und mit Spinat gefüllt. Eine Wucht, die uns allen wunderbar schmeckt. Rose, die quirlige Angestellte bekommt von uns allen unsere nicht gebrauchten Schmerztabletten, da sie immer richtig heftige Menstruationsbeschwerden hat und sich solche Medikamente nicht leisten kann. Wir helfen gerne und es ist schön zu sehen, wie sehr sie sich darüber freut und alle in den Arm nimmt und drückt. Da morgen unser letzter ganzer Tag ist und wir auch ausschlafen können, gönnen wir uns auf dem Heimweg noch ein Fläschchen Weisswein, dass nach dem Gutenacht-Quatschen-Terrassen-Kaffee, bei der finalen Triomino-Runde eingenommen wird. Ich kämpfe wie ein Stier, weniger beim Wein, denn der rutscht ohne grosse Anstrengung die Kehle runter, aber beim Spiel geb ich alles. Morgens um vier muss ich dann aber definitiv einsehen, dass ich die Segel streichen muss und Barbara den sauber herausgespielten Sieg überlassen muss. Schlussendlich gehe ich mit 1633 zu 1452 Punkten unter!
Um halb fünf knipse ich dann unter meinem Netz das Licht aus und schlafe ziemlich schnell ein.
Gute Nacht Nungwi, gute Nacht Schildkröten