Sansibar – Tag 24 – 18. Januar
Die Zeit rauscht an uns vorbei. Seit dem kleinen Debakel mit dem vergessenen Adapter im Evergreen in Bwejuu hat mich mit der Schreiberei etwas zurückgeworfen. Gut lief die letzten Tage nicht allzuviel und die Eindrücke, die mich die ersten beiden Wochen noch erschlagen haben, prasseln nicht mehr ganz so heftig auf mich ein. Für heute Morgen hat sich Bo für einen Kaffee angemeldet und wir warten alle gespannt, auf ihre News zum Überfall. Nach dem Frühstück starten wir gemütlich in den Tag, da mein Laptop leer auf dem Küchentisch steht und ich keine Lust habe auf dem iPad mühselig zu tippen, hab ich mal wieder Zeit zum lesen.
Kurz vor Mittag klopft Beryl ans Tor und setzt sich zu uns auf die Terrasse. Sie erzählt, dass ungefähr acht Scharze am Überfall beteiligt waren. Delene hat ihr erzählt, dass sie morgens um drei auf die Toilette musste und just in dem Moment an der Eingangstüre einen Schwarzen mit einem grossen Stein, bereit um die Türscheibe einzuwerfen vor ihr stand. Sie flüchtete ins Schlafzimmer um Michael zu wecken und der sagte ihr, dass sie flüchten solle. Wie es scheint, hatten es die Täter aber auf ihn abgesehen und griffen ihn mit Pangas an, die ihn schwer an den Armen und am Kopf verletzten. Delene konnte mit den Hunden flüchten, aber Michael wurde heftig angegriffen. Den Watchman hatten sie, wenn ich das richtig verstanden hatte, mit Handschellen gefesselt. Von den Tätern wurde wohl niemand erkannt. Ein Nachbar in der Nähe wurde wach und raste mit seinem Auto zur Polizeistation. Dort vertrödelten die Männer aber nochmal Zeit, um die Gewehre zu laden und als die Polizei dann eine Viertel Stunde später am Tatort war, war von den Tätern natürlich nichts mehr zu sehen. Gestohlen wurde nicht, was auf einen Racheakt schliessen lässt. Die beiden haben ein gut laufendes Divecenter unten beim Waves und zwei Basen in grossen Hotels hier in Nungwi. Inzwischen sind Delene und Michael in Südafrika und Michael wurde schon zwei oder dreimal am Arm operiert. Nach Baryls Aussage stehen die Chancen aber nicht gut, dass Michaels rechte Hand gerettet werden könnte. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass der Arm oder die Hand amputiert werden muss, aber wenn er nicht grosses Glück hat, kann er seine Hand vielleicht nicht mehr gebrauchen. Eine wirklich tragische Geschichte, die vor allem Bo und die Mädels ziemlich mitgenommen hat. Ich mag mich hier nicht grosse Mutmassungen anstellen und möchte die Geschichte hier in diesem öffentlichen Raum auch nicht weiter ausführen. Nur soviel: Sansibar ist ein Drittweltland. Die Menschen ticken hier einfach anders. Ohnmach, Korruption und bestimmt auch fehlende Mittel und Ressourcen, schwächen das Rechtssystem oder hebeln es aus. Der Tourismus, der auf der einen Seite einen gewissen Fortschritt mit sich bringt, bringt auch viele neue Probleme. Die Weissen, die hier ein Business aufbauen und gut Geld verdienen, bringen zwar ein paar Arbeitsplätze, aber auch Neid oder falsche Erwartungen. Die Schwarzen sind auch nicht alles Lämmer und für uns oft auch schwer zu verstehen, wie sie ticken, was sie erwarten und wie sie funktionieren. Ein Problem bei dieser Attacke war bestimmt auch, dass die beiden ihr neues Haus, am Rande von Nungwi auf einer kleinen Anhöhe gebaut haben, es von allen Seiten einsehbar war und vielleicht aus Sicht einiger Einheimischer auch zu gross und protzig war. Die Schutzmauer niedrig und leicht zu überwinden. Einbruch und Fluchtweg, somit auch relativ einfach waren.
Nach diesen betrüblichen News, lassen wir den weiteren Tag ruhig angehen und trödeln etwas zuhause rum. Lesen, spielen, relaxen. Am späteren Nachmittag gehen wir noch für einen kurzen Schwumm ins Waves. Barbara und ich beschliessen, für unseren Cache den wir planen, uns Holztäfelchen schnitzen zu lassen, die wir für die einzelnen Posten verwenden möchten. King kennt jemand, der das macht und düst mit unserem Scribblezettelchen davon. Nach einem ganzen Weilchen kommt er wieder zurück, hat das Zettelchen bei Mussa abgeladen. Als wir von unserem Nachmittagsschwumm wieder nach Hause kommen, steht dieser bei uns schon vor dem Tor, um mit uns noch die Details zu besprechen. Die Kommunikation ist nicht immer ganz einfach, besonders wenn das ganze nur am Telefon, oder über Drittpersonen läuft. So sind wir ganz froh, dass wir nochmal genau schildern können, wie gross, welche Form und in welcher Art die elf Täfelchen zu schnitzen sind. Wir vereinbaren einen Preis, wo beide zufrieden sind und bekommen die Täfelchen für Mittwoch versprochen. Barbara und ich sind sehr gespannt, was wir dann bekommen. 40’000 Schilling sind auf jeden Fall anbezahlt, den Rest gibts dann bei der Lieferung.
Da es schon am eindunkeln ist, bleibt gar nicht mehr viel Zeit bis zum Abendessen. Auf dem Nachhauseweg vom Strand, haben wir noch schnell bei Chef’s Bakery nachgefragt, wie lange sie die Küche geöffnet haben. Der Chef meint, dass wir spätestens um acht da sein sollen. Chef’s Bakery ist tatsächlich die Bäckerei, wo wir morgens unser Brot holen. Nebenher betreiben sie aber noch ein kleines Restaurant, dass aus drei Tischchen besteht, die vor der Bäckerei auf der staubigen Strasse stehen. Die Preise sind fast die hälfte billiger, als im Waves, die Küche aber auch sehr fein. Die Mädels bestellen sich asiatisches Nudelzeug. Barbara ist hin und weg, ich probier auch ein bisschen, ist aber nicht so mein Ding, aber weil ich es einfach nicht mag. Ich lass mir eine Fischsuppe als Starter bringen. Die sieht recht übel aus, ist aber sensationell fein. Zum Hauptgang gibts einen Tassi, den lokalen Fisch, den ich in Tanga schon mal probiert hatte. Ein wunderbarer Fisch, der hier nochmal besser als in Tanga war. Barbara erzählt mir, dass dieser Fisch elektrische Stösse aussenden kann. King bestätigt das, denn er hatte früher auch mal als Fischer gearbeitet. Auf dem Rückgrat hat der Tassi ziemlich spitze Stacheln und wenn man die berührt, ist der Schlag so stark, dass man das bis in die Achselhöhle spürt und dieser Fisch ist grade mal 25 cm lang. Als ob die spitzen Stacheln nicht schon genügen würden. Irr ist auch, dass auch der tote Fisch noch eine ganze Weile «geladen» ist und man ihn auch dann nicht falsch anfassen darf. Zum Dessert kaufen wir uns alle im Nachbargeschäft, dass es beim letzten Besuch von Malou und Barbara noch nicht gab ein Glacé. Der Laden hat ein sehr spezielles, kleines Angebot. Unter anderem eben Eiscrème, die zwar ganz gut schmeckt, aber ziemlich süss und ziemlich stark kristallisiert ist. Dazu gibts wie in JEDEM Geschäft hier Pringels. Nicht ganz so allgemein ist dann wieder der frische Yoghurt, den Malou sich unbedingt kaufen muss, denn sie liebt das Label von Tanga Fresh. Eine Kuh unter einer Palme. Schon schräg.
Die Glacés haben wir alle nicht fertig gegessen, denn nach dem obersten Drittel wurde das Zeug pickelhart und mit dem kleinen Plastik-Glacelöffeli, die wir auch von unseren Glacés kennen, war dieser Herausforderung nicht gewachsen. So schmeisst Malou dann alle drei Eiscrèmes (Banane, Vanille und Erdbeer) in ihren Mixer, schüttet etwas Milch dazu und serviert uns vor dem Schlafengehn einen herrlichen Shake. Danach bin ich pappvoll und nach dem allabendlichen Spielchen verziehn wir uns dann auch unter unsere Netze.
Gute Nacht Nungwi, gute Nacht Holzschnitzer