Weihnachten Teil 2: Portugal und London
Nach der Woche im Schwarzwald stand ein etwas gedrängteres Programm an. Zürich – London – Faro – London – Zürich. Und das in 7 Tagen. Uffa. Ich war seit Jahren nicht mehr in England und freute mich drauf, mal wieder die Insel zu betreten. Fish & Chips, rote Doppeldecker Busse, schwarze Taxis, gelbe Kugeln die bei den Fussgängerstreifen blinken, hübsche Telefonkabinchen, die runden und ebenso roten Briefkästen und Backsteinhäusle endlos.
Tag 1 (29. Dezember)
Sonia erwartet mich am Samstag Morgen am Flughafen Gatwick. Wir nutzen den freien Nachmittag für einen Brighton-Blitzbesuch. Mit dem Zug gehts direkt von Gatwick in nur 40 Minuten ans Meer. Bei Sonnenschein aber eisig kaltem Wind spazieren wir durch die Stadt hinunter zum Pier. Der Mief von altem Öl bläst einem von den Fish & Chips Ständen entgegen. Die Engländer kennen nix, trotz eisig kaltem Wind sind Massen unterwegs, flanieren durch die Stadt, übers Pier oder der Brighton Beach entlang. Eine weitere Kindheitserinnerung wird bei den Münzschieber-Automaten in der Spielhalle auf dem Pier wach. Natürlich gewinnt man nix und auch meine über 40-jähirge Lebenserfahrung hilft mir nicht weiter zu begreifen, dass nicht mindestens wieder so viele Münzen rauskommen, als man hochkonzentriert in die Schlitze dieser verdammten Geldschieber mit kunstvollen Griffen hineinwirft. Wahrscheinlich lösen die sich, wenn man mal nicht hinguckt, in Luft auf.
Abends werden wir von Sonias Eltern zum Dinner ausgeführt (oder heisst das jetzt supper?). Lecker wars, englisch wars!
Tag 2 (30. Dezember)
Nach einer kurzen Nacht im Hilton (mit Flughafenanschluss) müssen wir um 4 Uhr aufstehen, damit wir den 7 Uhr Flieger erreichen. Das absolute Ghetto im Airport! Es ist nicht möglich innert nützlicher Frist einen Kaffee zu bekommen. Die Schlangen vor jedem Stand sind endlos. Also gehts ohne Kaffee zum Gate. Wir lassen uns in gut zwei Stunden nach Faro spicken. Den eindrücklichen Sonnenaufgaben erleben wir auf 9000 Meter Höhe. Richard, alias King of Vilamoura holt uns bei prächtigem Sonnenschein am Flughafen ab. Im Supermarket auf dem Weg nach Vilamoura füllen wir noch einen Einkaufswagen mit dem Nötigsten für die Tage hier in Portugal. Die Landschaft erinnert mich an Spanien, aber vom eigentlichen Portugal bekommt man nicht allzuviel mit, da Vilamoura mehr an ein Mittelmeer Land im englischen Mäntelchen erinnert. Man spricht überall nur englisch, muss sich als Gast nicht mal die Mühe machen, den Leuten hier auf portugiesisch guten Tag zu sagen. Frühstück gibts am Yachthafen, draussen an der Sonne. Danach legen wir uns für ein Nickerchen zuhause hin und am Nachmittag checken wir noch bei einem längeren Spaziergang den Strand. Die einzige offene Strandbar lädt zum Apéro und da die Sonne sich schon auf den Weg ins Körbchen macht, warten wir den Sonnenuntergang noch ab.
Zum Abendessen lädt uns Richard in ein leckeres Seafood Restaurant in der Marina ein. Wir schlemmen Tiger Praws aus Mocambique. Die Dinger werden im Mittelmeer wahrscheinlich nicht ganz so fett und gross ;-) Danach gehts noch auf einen Schlummerbecher ins Figo Pub. Bevor wir «übere g’heied» gehts nach Hause, damit wir den Silvestertag nicht schon im Koma verbringen.
Tag 3 (31. Dezember)
Easy Day. Ich radle mit Sonia zum Frühstück in die Marina. Den Nachmittag nützen wir für eine kleine Shoppingtour in Villamoura und geniessen den herrlich milden Tag. Dachte nicht, dass ich mir an Weihnachten Flip Flops kaufen muss, damit ich meine Füsse an der warmen Dezembersonne lüften kann. Dazu gibts noch ne Sonnenbrille, damit ich meinen Coolness-Status etwas verbessern kann und ein Pullöverchen. Dinner gibts heute zuhause. Ric schmeisst den Grill an und barbecuet uns ein herrliches Lammrack. Schmeckt superlecker, hätte aber ein bisserl mehr sein dürfen. Dazu Chips, die kurz ver dem Verkohlen noch aus dem Backofen gerettet werden und ein vitaminreicher Salat. Danach gehts nach Quarteira. Silvester auf Portugiesisch. Feuerwerk am Strand. Ist zwar mehr Family Party, aber mir gefällts. Ist mal was anderes und das Bier gibts hier für nen läppischen Euro. Ist doch perfekt! Richard nimmts nicht ganz so locker. Er wär wohl lieber in Albufeira, wo ne richtig fette Silvesterparty mit einem schönen grossen Feuerwerk steigt. Hier steigen die bunten Kracher mit ein paar Minuten Verspätung in den Nachthimmel. Nicht ganz so viele, nicht ganz so grosse und nicht ganz so schön koordiniert wie in Albufeira, aber mir gefällts trotzdem. Nach dieser Show bewegen wir uns wieder Richtung Heimathafen … zu Fuss, da natürlich um diese Zeit kein Taxi mehr zu kriegen ist. Albufeira ist definitiv zu weit um diese späte Uhrzeit und in Vilamoura tanzt um halb Zwei auch nicht mehr grade der Bär. So gibts wider erwarten eher ein frühzeitigs Heimkehren. Die Abkürzung über die Gravelroad beschert mir zum dritten Mal diese Weihnachten nasse Füsse (zur Info: 1. nasser Schuh: Königsfeld! Breche beim schlittern über eine herrlich gefrorene Pfütze ein, geilo bei Minus 5 Grad! 2. nasser Schuh: Brighton Beach! Gemeine Welle die mich fast wegspühlt, beim Fotoshooting.) Sonias Füsse bleiben in ihren Boots zwar trocken, dafür sieht man das schwarze Leder nach diesem genialen Volltreffer ins Schlammloch, unter dem braunen Dreck nicht mehr.
Tag 4 (1. Januar)
Trotz unserer frühen Heimkehr, lassen wir den Tag ziehen. Easy going, ausschlafen, danach ein bisserl am Pool fläzen (natürlich im Pulli, aber trotzdem… ), Frühstück in der Marina, und wieder nach Hause zum nochmaligen relaxen. Es läuft nicht wirklich viel an diesem Tag, aber auch das tut mal gut. Einfach rumlümmeln und das nicht mal mit einem Kater. Herrlich.
Tag 5 (2. Januar)
Heute steht ein Ausflug nach Tavira auf dem Programm. Ich freu mich drauf. Vilamoura ist zwar ein hübsches Fleckchen Erde aber nicht wirklich authentisch. Erinnert mich etwas ans Retortenstädtchen Port Grimaud bei St. Tropez. Hübsch gemacht, mit tollem Yachthafen, aber halt sehr künstlich und nicht wirklich portugiesisch. In einer dreiviertel Stunde düsen wir dorthin und spazieren durchs schmucke Städtchen. Unser King of Appartementos und Vilamoura möchte noch schnell eine Baustelle besichtigen, wo gerade neue Appartements errichtet werden. Er interessiert sich dort für eine weitere Liegenschaft.
Danach gehts zum Mittagessen und ich freu mich, dass sich Richard von Sonia und mir überreden lässt unseren Lunch in einem kleinen schnuckligen Portugiesen Beizli einzunehmen. Ich bestelle mir ziemlich blindlings einen mixed Fischteller der absolut hammermässig ist. Meine beiden Brits ordern sich auch gegrilltes, bleiben aber beim Fleisch. Lecker wars und die Athmosphäre, inklusive gesprächsfreudiger Portugiesischer Tischnachbarin ist sehr entspannt. Auf dem Rückweg zum Auto kaufe ich Sonia noch einen bunten Papagei, den ein uraltes Männli in einer Garage aus alten Dosen und Altmetallresten zusammenlötet. Niedlich und ein wirklich hübsches Souvenir. Den Abend verbringen wir gemütlich zu Hause.
Tag 6 (3. Januar)
Rückreise nach London. Einmal mehr bin ich überrascht von dern Engländerflut die hier die Algarve überschwemmt. Von sämtlichen Flügen die auf der Abflugtafel stehen gehen lediglich zwei nicht nach England. Ein riesen Durcheinander auf dem Airport, endlose Warteschlangen, wohl wegen eines Problems im System, wie wir später erfahren. Wir stehen auf jeden Fall noch in der Checkin-Kolonne obwohl unser Flieger schon in der Luft sein sollte. Das macht mich ziemlich nervös. Es wird dann am Ende auch ziemlich hektisch, klappt aber trotzdem alles noch und wir sind nicht mal die Letzten die einsteigen. Zurück in London ist dann nix mehr mit Sonnenschein. Grau in Grau, um halb fünf schon dunkel und alles wirkt ziemlich trostlos und kalt. Wir beziehen das Towerhotel an der Towerbridge. Für ein Zimmer mit Sicht auf die Towerbridge reichten die Beziehungen von Richard dann doch nicht, aber zumindest auf die Themse sehen wir. Danke fürs reservieren und die Spezialkonditionen, Ric! Nachdem wir die Koffer im Hotel abgestellt haben, strecken wir unsere Nasen noch in die kalte, neblige, Londer Nacht, überqueren die Tower Bridge, schlendern ein bisschen um die Häuser, der Themse entlang und entschliessen uns, noch auf ein Bierchen in eins der ältesten Pubs von London zu gehen. Das Prospect of Whitby steht schon seit 1543. Erstaunlich wenig Leute sind unterwegs. Alles wirkt ziemlich ausgestorben in dieser Gegend und auch nur ein gutes Dutzend Leute sind im Pub. Hübscher Platz, aber ungemütlich kalt. Wir kommen auch an der HMS Belfast vorbei, wo bei mir wieder alte Erinnerngen an unseren letzten Familienurlaub in England aufkommen. Vor 30 Jahren besichtigte ich damals mit Papi und meinem Brüetsch dieses Kriegsschiff aus dem zweiten Weltkrieg. Auf dem Weg zurück ins Hotel schaun wir noch schnell bei Richard in seinem Appartement vorbei und schnappen uns die Tickets fürs Musical von morgen. Er wohn an einer top Lage bei den alten Docks. Das ganze Quartier wurde in den letzten Jahren zu einem wahren Bijou gemacht. Sonia quält sich zwischenzeitlich mit einer fürchterlichen Erkältung. Da hat sie den ungünstigsten Moment erwischt. Tut mir wirklich Leid für sie und ich kann ihr nicht mal gross helfen…
Weil Sonia nicht fit ist, entscheiden wir uns zuerst für ein kurzes, schnelles Nachtessen mit Fish und Chips im Pub, gleicht in den Docks hinter dem Hotel. Da die Jungs die Küche aber schon schliessen, gehen wir dann wie Anfangs geplant zum Inder nebenan. Nach über einem halben Jahr hats Sonia endlich geschafft mir mich zu überzeugen, wie lecker die indische Küche ist. Das Küche hier ist vorzüglich, das Restaurant in einem alten Backsteingebäude in den Docks. Ich entscheide mich für Lammfleisch und geh fast drauf. Hatte noch nie sowas in der Art. Kanns nicht beschreiben, es war einfach Spitzenklasse. Danach noch ein Schlummi und ab ins Körbchen. Morgen steht sight seeing auf dem Programm.
Tag 7 (4. Januar)
Wir schaffens grad noch auf den letzten Drücker zum Frühstück. Danach kaufen wir Tickets für die Doppeldecker Touribusse. Sonia meint, dass es eine plauschige Art ist, sich durchs Zentrum von London chauffieren zu lassen. Ich bin erst etwas skeptisch, muss dann aber eingestehen, dass es wirklich Spass macht. Man kommt an vielen schönen Orten, Plätzen und Gebäuden vorbei und ich bekomme trotz meinem schlechten Englisch ein bisschen was vom Tourguide mit. Man kann an diversen Haltestellen aussteigen und mit dem nächsten Bus dann wieder weiterziehen. So machen wirs auch, hüpfen da mal raus, gehen auf nen Kaffee beim Trafalga Square, stoppen nochmal beim Buckingham Palace für die obligaten Tourifötelis und bestaunen die Wachen, die mächtig beknackt entweder wie festgefrohren vor ihrem Kabäuschen stehen oder sich in einer Art fortbewegen die in keiner Art und Weise Sinn macht und einfach nur deppig ausschaut. Ich würd mich um diesen Job auf jeden Fall nicht grade reissen. Danach spazieren wir Richtung Big Ben, wärmen uns bei einem Bier und Fish & Chips ein bisschen auf um danach für fette 10 Pfund die Westminster Abbey zu besuchen. Ich finds unheimlich teuer, aber als mir Sonia sagt, dass es in England keine Kirchensteuer gäbe und die Kirchen nicht ganz so viel Geld haben wie bei uns, bring ich für diesen Touriabriss doch gewisses Verständnis auf. Ein eindrücklicher Bau, der aber nach einem Weilchen, mehr an einen Friedhof erinnert, da das ganze Gebäude mit irgendwelchen wichtigen Toten gefüllt ist. Trotzdem eindrücklich, mit der Zeit aber etwas gar morbide. Danach gehts dann mit der Tube zurück ins Hotel, da uns die Bustour dann doch etwas zu viel Zeit kosten würde und es bereits wieder am eindunkeln ist. Im Hotel schaffen wirs dann nicht, einen Compi mit Drucker zu bekommen um uns für den morgigen Rückflug einzuchecken. Erst weiss der Junge an der Reception nicht mal wo’s einen Compi mit Drucker im Hause hat, dann gibt er uns einen Code für den Internetzugang der net funzt und auch seine Kollegin kann uns nicht weiterhelfen. So verdeppern wir eine gute Stunde mit Warten, Probieren und Ärgern bis wir aufgeben, weil wir finden dass es keinen Sinn macht noch ein viertes Mal an der Reception nachzuhaken. Zeit für ein kurzes Nickerchen bleibt somit auch nicht mehr. Also frische Klamotten an, rein ins Taxi und Richtung Oxford Circus zum Palladium wo The Soud of Music gespielt wird. Um die Ecke lacht uns ein kleines italienisches Restaurant an, wo wir noch schnell unser Dinner essen. Pizza, ganz easy und erstaunlich gut. Leider ist der Laden endlos überfüllt, man hat kaum Platz und es ist furchtbar hektisch. Aber egal, das gehört irgendwie zu einer Grossstadt. Die Zeit wird schon wieder eng. So bleibt nicht mal mehr Zeit für nen Kaffee. Raus aus der Kneipe, über die Strasse und rein ins Musical, das mich wirklich begeistert. Dachte nicht wirklich, dass mir die Geschichte gefallen würde, liess mich aber schon nach den ersten Minuten von der Athmosphäre reinziehen. Tolle Stimmen, sprich phantastische Sänger, superschönes Bühnenbild und eine wirklich rührende Story. Hübsch, herzerwärmend, niedlich. Ich bin wohl der einzige in der westlichen Hemisphäre, der die Geschichte noch nicht kannte;-)
Nach dem Musical stoppten wir dann nach ein paar Minuten zu Fuss, ein Taxi, da der böse englischen Bug Sonia fast flach legte. Den Rückweg verbrachte sie eher fiepend mit Atemproblem neben mir. Die frühe Rückkehr war mir aber auch nicht ganz unrecht, da wir ja morgen wieder um Vier aufstehen müssen um den 7 Uhr Flug nach Zürich zu erreichen.
England hat Spass und Lust auf mehr gemacht… Komme gerne wieder :-)
Hier gehts zu den Flickr Fotos, und hier gibts eine feine Online Karte von London.
what a lovely couple!
donnalea schrieb am 23. Januar 2008 um 16:32